Die Wojewodschaft Großpolen (Województwo Wielkopolskie) gilt als Wiege Polens. Und sie liegt zentral. Denn sie hat im Nordosten die Wojewodschaft Westpommern zum Nachbarn, im Nordwesten die Wojewodschaft Pommern und im Osten die Wojewodschaft Kujawien-Pommern. Im Südosten grenzt sie an die Wojewodschaft Lodsch, im Süden an die Wojewodschaft Niederschlesien und im Westen ist die Wojewodschaft Lebus benachbart.
Zudem ist Großpolen auch eine bedeutende Region Polens. Sie ist die zweitgrößte Wojewodschaft Polens. Hauptstadt und wirtschaftliches wie kulturelles Zentrum ist Posen (Poznań). Zudem ist Posen mit mehr als einer halben Million Einwohnern auch eine der größten Städte Polens. Als weltbekannter Messe-Standort ist sie einer der großen Wirtschaftsmotoren Polens.
Großpolen war immer schon bedeutend für Polen. Die Wojewodschaft prägte die über 1000-jährige Geschichte und Kultur unseres Nachbarlandes immens. Hier stand die Wiege des polnischen Staates.
Es verwundert daher nicht, dass hier eine Menge Sehenswürdigkeiten konzentriert sind. Darunter finden sich auch etliche bei Reisenden noch weniger bekannte Highlights.
Einige dieser unbekannten touristischen Perlen stelle ich in diesem Artikel vor. Sie können gut in die Routen Ihrer Polen-Busreisen eingebaut werden. Beginnen wir in Posen.
Posens schönster Aussichtspunkt
Inhaltsverzeichnis
Posens schönster Aussichtspunkt findet sich im Königlichen Residenzschloss. Das Schloss wird in Polen Kaiserschloss (Zamek Cesarski w Poznaniu) genannt. Es hat eine eigene Aussichtsplattform. Von dieser eröffnet sich ein wunderbarer Blick über die ganze Schönheit der Posener Altstadt und besonders über den Alten Markt (Stary Rynek).
Die Plattform ist im 43 Meter hohen Schlossturm auf der 6. Etage zu finden. Die verglaste Terrasse ist bequem mit dem Lift zu erreichen. Wer mag, kann zusätzlich auf einer Treppe den höchsten Aussichtspunkt erreichen. Doch bietet auch die verglaste Plattform bereits einen fantastischen Blick. Dieses kleine Extra in ihrem Besichtigungsprogramm ist also ein lohnendes Ziel – auch für in der Beweglichkeit eingeschränkte Busreisende.
Posens buntes Viertel
Posen ist nicht nur das historische Zentrum der Region und von großer Bedeutung für die deutsch-polnische Geschichte. Posen ist auch eine pulsierende, moderne Großstadt. Hier gehen Geschichte und modernes urbanes Leben eine Symbiose ein.
So gibt es auch in Posen spannende Viertel, die von kreativen Menschen für ihre Kunst erobert wurden. Ein solches Stadtviertel ist Śródka. Śróda bedeutet auf Deutsch Mittwoch. Denn das Viertel wurde nach dem mittwochs stattfindenden Wochenmarkt Śródka benannt.
Es liegt gegenüber der Dominsel (Ostrów Tumski). In dem Viertel finden sich viele Restaurants mit unterschiedlichsten Konzepten. Sie passen gut zu den zahlreichen Ateliers und den Streetart-Highlights der Stadt. Große Wandgemälde prangen an den Fassaden, eine Hauswand ziert ein Wasserspiel, eine andere erzählt eine Geschichte.
Highlight ist das 3D-Mural an einem großen Wohngebäude. Er erzählt die „Geschichte Śródkas mit Trompeter auf dem Dach und Katze im Hintergrund”. Das ganz in Pastelltönen gehaltene Gemälde gilt als Meisterwerk der Streetart.
Und eines ist sicher: In Śródka macht das Bummeln Spaß – ein schöner Tipp auch für die freie Zeit Ihrer Busreisenden!
Das Schinkel-Schloss in Kórnik
In der Gegend von Posen findet sich eine beachtliche Dichte großartiger Schlösser. Eines davon ist das neogotische Schloss in Kurnik (Kórnik), einer rund 20 Kilometer von Posen entfernten 8.000-Einwohnerstadt.
Das vom bekannten Architekten Karl-Friedrich Schinkel entworfene Schloss entstand 1843-1861. Sein adeliger Besitzer Tytus Działyński war polnischer Patriot. Bücher begeisterten ihn. Er sammelte sie und baute im Schloss eine der größten Bibliotheken im damals preußischen Teil Polens auf.
Letzter privater Eigentümer des Schlosses war Władysław Zamoyski. Er vermachte das Ensemble 1924 dem polnischen Volk. Das Schinkelschloss wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und in den 1950er Jahren mit ein paar Änderungen wieder aufgebaut.
Heute befindet sich das Schloss in Händen der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Sie betreibt dort neben dem Schlossmuseum auch eine Bibliothek. In den gotischen Kellergewölben eines Vorgängerbaus ist die Schlossgalerie mit zeitgenössischer polnischer Kunst untergebracht.
Eine besondere Sehenswürdigkeit ist das vom einstigen Besitzer Tytus Działyński und seinem Sohn Jan angelegte Arboretum. Diese Sammlung von Gehölzen dehnt sich auf mehr als 40 Hektar aus. Es ist die älteste Gehölzsammlung Polens. Und mit seinen über 3.000 Arten auch das größte Arboretum in ganz Polen.
Zawodzie, die Wiege von Kalisch (Kalisz)
Kalisz ist eine 100.000-Einwohnerstadt und liegt etwas mehr als 100 Kilometer südöstlich von Posen. Zawodzie ist der Stadtteil, der gerne die Wiege von Kalisz genannt wird.
Dieser älteste Teil von Kalisz liegt rund 2 Kilometer südlich des Zentrums an der Prosna. Es war diese Lage am Fluss, die frühe Ansiedlungen begünstigte. Denn der Fluss mündet in die Warthe und verbindet Kalisch über die Oder mit der Ostsee.
Schon Ende des 9. Jahrhunderts wurde hier eine von einem Wall umgebene Hochburg errichtet. Handwerker siedelten sich an, die Wallburg wurde ständig ausgebaut und eine Marktsiedlung wuchs heran. Die Siedlung wuchs, von der Wallburg geschützt, heran. Schon im 10. Jahrhundert entstand so eines der bedeutendsten Zentren des jungen Piastenreichs.
Großen Aufschwung nahm die Stadt während der Herrschaft Mieszkos III. des Alten (ca. 1122 – 1202). Er war Herzog von Kalisz und Großpolen. Die von ihm gestiftete steinerne Paulskirche sollte bald den Herrschern von Kalisz als Nekropole dienen. Hier wurde sein früh verstorbener Sohn Mieszko Mieszkowic bestattet und später auch der Herzog selbst.
1233 wurde die Wallburg bei einem Angriff des schlesischen Herzogs Heinrichs des Bärtigen zerstört. Die Stadt wurde im Bereich des heutigen Zentrums von Kalisch neu gegründet. Dabei diente die abgerissene Stiftskirche als Baustoffreservoir. Auch die alte Burg verfiel.
Erst zu Beginn dieses Jahrhunderts wurde die Wallburg auf dem Gelände des archäologischen Reservats Kalisz-Zawodzie freigelegt. Das Burggelände wurde teilweise restauriert und 2008 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Originalgetreu rekonstruiert sind das Erdgeschoss der Paulskirche, der Wehrturm und Teile der hölzernen Palisaden und des Schutzwalls. Neben diesen Stätten können auch ein steinernes Hügelgrab und mehrere Granitmodelle besichtigt werden. Zu besuchen ist zudem eine hölzerne Hütte, die eine ethnographische Sammlung beherbergt. Was besonders spannend ist: Auf dem ehemaligen Burggelände können Ihre Gäste im Sommer regelmäßig Mittelalter-Veranstaltungen erleben.
Das Piastenensemble von Rogalin
Rogalin ist nur rund 30 Kilometer von Posen entfernt. Dort öffnet sich dem Besucher ein malerisches Dorf. Es ist umgeben vom wohl ältesten Eichenwald Europas. Eingebettet in die dörfliche Idylle liegt eines der schönsten Palastensembles in Großpolen.
Kazimierz Raczyński ließ dort 1768-1774 eine spätbarocke Residenz und einen weitläufigen Park errichten. Schon wenig später ließ man der neuen Mode entsprechend das Palastensemble nach Plänen von Domenico Merlini im klassizistischen Stil umgestalten.
Das Palastgebäude mit dem dreigeschossigen Hauptflügel und dem Ehrenhof wird von halbkreisförmig zulaufenden Seitenflügeln umfasst. Im Westen des Schlosses erstreckt sich der barocke Palastgarten.
Die Raczyńskis waren große Kunst- und Literaturfreunde. Sie trugen hier über mehrere Generationen eine große Kunst- und Literatursammlung zusammen. Um diese Sammlung für zeitgenössische Kunst adäquat unterzubringen, ließ Aleksander Raczyński 1910 eine Galerie in Schlossnähe erbauen.
Nach dem Kriegsende wurde das Nationalmuseum Poznań neuer Eigentümer der Anlage. Das Schloss ist Museum und kann genauso besichtigt werden wie die imposante Bibliothek. Die Kunstsammlungen stellen Bilder polnischer und europäischer Malerei aus mit Bildern von Arnold Böcklin, Jean Monet und Jan Matejko.
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