Die Mitte Polens: reiche Geschichte und blühende Gegenwart ist das Thema dieses Beitrags. Denn auf meiner Tour durch Polens Wojewodschaften komme ich nach Lodsch (Województwo Łódzkie). Damit bin ich sprichwörtlich in der Mitte Polens angelangt. Die kleine 6.000-Einwohnerstadt Piątek nämlich liegt 34 km nördlich von Lodsch exakt im geografischen Mittelpunkt Polens. Ein Gedenkstein mit der Aufschrift „Piątek – geometryczny środek Polski“ (Piątek, geometrischer Mittelpunkt Polens) macht darauf aufmerksam. Im Süden grenzt das Lodscher Land übrigens an die Wojewodschaften Oppelner Schlesien und Schlesien. Die weiteren Nachbarn sind im Südosten Heiligkreuz, im Osten und Nordosten Masowien und Nordwesten Kujawien-Pommern. Im Westen grenzt die Woiwodschaft Großpolen an.
Zentrum und Hauptstadt der Wojewodschaft ist Lodsch (Łódź). Die Stadt mit seinen 730.000 Einwohnern ist die drittgrößte Stadt Polens. Die Stadt Lodsch galt als multikulturell geprägter Industriestandort. Sie wurde deshalb auch als das Manchester des Ostens bezeichnet.
Nach den Teilungen Polens 1777-1795 wurde das bis dahin unbedeutende Lodsch binnen weniger Jahrzehnte zu einer florierenden Industriestadt. Lodsch profitierte dabei von seiner geographischen Lage. Denn von hier konnten die riesigen russischen Märkte bedient werden. So entstand eine Boomtown, die vorwiegend von der polnischen, der jüdischen und der deutschen Kultur geprägt war. Die Begegnung der Kulturen brachte einen ganz besonderen Menschentypus hervor: den toleranten, weltoffenen „Lodschermenschen“, wie der geniale Übersetzer Dedecius ihn nannte.
Das heutige Lodsch hat den Wandel von der Industriestadt zur Stadt der Wissenschaft, Kunst und Kultur geschafft. Mehr als 20 Hochschulen haben sich in Lodsch angesiedelt. Dazu gehört auch die berühmte Filmhochschule.
Die alten Fabrikgebäude, die in ihrer Großzügigkeit und Schönheit eher Palais ähneln, sind prächtig restauriert und wiederbelebt. Heute ist die Piotrkowska-Straße wieder die Prachtmeile von Łódź.
Mein Tipp: Der polnische Literaturnobelpreisträger Władysław Reymont hat Lodsch und der Boomzeit mit seinem Roman „Ziemia Obiecana” ein Denkmal gesetzt, der 1974 von Andrzej Wajda auch verfilmt wurde. Unter dem Titel „Gelobtes Land“ wurde das Buch auch ins Deutsche übersetzt. Empfehlen Sie Ihren Reisenden das Buch zur Lektüre oder lassen Sie unterwegs daraus vorlesen.
Im Textilmuseum – Geschichte des Manchesters des Ostens
Inhaltsverzeichnis
Das Textilmuseum gibt Zeugnis von der atemberaubenden Industriearchitektur der Stadt Łódź und der Entwicklung der Textilindustrie. Schon das bildschöne Gebäude zeigt, wieviel Wert man damals auf repräsentative Zweckbauten legte. Die „Weiße Fabrik“ ist eines der schönsten Fabrikgebäude der Stadt.
Das Gebäudeareal wurde als gewaltiger Fabrikkomplex an der ul. Piotrkowska angelegt. Es wurde zunächst als Spinnerei für den Fabrikanten Louis Geyer 1839 errichtet. Diese Textilfabrik führte als erste in Polen die maschinelle Fertigung ein. Dazu wurden unter in Preußen hergestellte Dampfmaschinen eingesetzt.
Heute befindet sich das Textilmuseum (Muzeum Włókiennictwa) in dem weißen Gebäude. Das Textilmuseum, das noch mehrere weitere Gebäude des Komplexes nutzt, informiert über die sich damals rasend schnell verändernde Fertigungstechnik und die harten Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie.
Hinter der Spinnerei komplettiert ein Freiluftmuseum zur Holzarchitektur das Ensemble. Es zeigt acht typische Bauwerke aus der Zeit der Wende zum 20. Jh.
Arbeiterleben in der Boomtown
Sehenswert in Łódź ist auch die Arbeitersiedlung Księży Młyn, „Die „Pfaffenmühle“. Sie befindet sich direkt neben dem Textilwerk von Karl Scheibler. Er galt als reichster aller Textilfabrikanten von Łódź.
Direkt neben der Fabrik baute er Unterkünfte für die Arbeiterfamilien in Backsteinhäusern. Außerdem erbaute er Läden, eine Schule, eine eigene Feuerwehrwache, ein Kraftwerk, ein Gaswerk und sogar zwei Krankenhäuser. So spielte sich das Leben der Arbeiter des 19. Jahrhunderts in einem ganz kleinen Bereich ab – auf oder neben dem Werksgelände. Die dabei entstandene Stadt in der Stadt steht heute unter Denkmalschutz.
Südlich der Arbeitersiedlung liegt Scheiblers Fabrik, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als größte Baumwollfabrik Europas galt. Der weiße, am Teich gelegene Palast wird heute als Kinematographie-Museum genutzt. Auch die berühmte Filmhochschule ist auf dem Gebiet von Księży Młyn angesiedelt. Das Ensemble ein wird von einem weiteren Fabrikantenpalais vervollständigt, das nach Scheiblers Schwiegersohn Herbst-Palais benannt ist.
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Piotrków Trybunalski – Eine Stadt mit Geschichte und jüdischen Spuren
Die 80.000 Einwohnerstadt Piotrków Trybunalski ist die zweitgrößte Stadt der Wojewodschaft. Den Beinamen Trybunalski erhielt die Stadt, weil dort im 16. Jahrhundert das polnische Krontribunal tagte. Dies war das damals höchste polnische Gericht. Schon im 15. Jahrhundert war Piotrków auch Sitz des Sejms.
Fast unbeschädigt erhalten blieb die mittelalterliche Altstadt mit vielen interessanten Baudenkmälern. Auch von der zurzeit von König Kazimierz III. Wielki erbauten Stadtmauer haben noch einige Teile die Jahrhunderte überdauert.
Zentrum der Altstadt ist der Rynek Trybunalski genannte Marktplatz. Das alte Rathaus aus dem 15. Jahrhundert, wurde Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen. Seit einigen Jahren erinnert in der Mitte des Platzes eine Gedenkplakette an den Renaissancebau. Umrahmt ist der Platz prunkvolle Patrizierhäuser und Stadtpalais aus dem 17. bis 19. Jahrhundert.
König Zygmunt I. ließ 1512-1519 das Königsschloss erbauen. Es hat einen rechteckigen Grundriss, auf dem ein spätgotischer imposanter Bau mit Früh- Renaissanceelementen errichtet ist. Immer wieder wurde das Schloss zerstört, auch im 2. Weltkrieg. Doch immer wurde es auch wiederaufgebaut, so auch nach 1945. Heute ist dort das Stadtmuseum untergebracht.
Piotrków hatte einst eine große jüdische Gemeinde. Daran erinnern heute die Große und die Kleine Synagoge im Osten der Stadt. Die Fassade der Großen Synagoge wurde 1791-1793 errichtet. Sie kombiniert orientalische Elemente mit solchen des frühen Klassizismus.
Nach der Zerstörung durch die deutschen Besatzer im 2. Weltkrieg wurde das Gebäude in den 1960er Jahren saniert. Es beherbergt heute die Stadtbibliothek.
Die benachbarte Kleine Synagoge wurde 1775 fertiggestellt. Dort ist heute die Kinder-und Jugendbibliothek untergebracht. Auch sehenswert ist der erhaltene jüdische Friedhof mit rund 3.000 erhaltenen Grabmalen.
Eine Barockresidenz und ein romantisches Arkadien
Zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Wojewodschaft gehört das Schloss Nieborów. Das Schloss gilt als eine der schönsten Barockresidenzen in ganz Zentralpolen.
Kardinal Michał Stefan Radziejowski, der damalige Primas von Polen erwarb 1694 die Güter der Familie Nieborowski. Teil des Erwerbs war der auf den Gütern stehende spätgotische Fürstenhof. Diesen Bau ließ er von dem in Utrecht geborenen Architekten Tylman van Gameren umbauen – nach der Mode der Zeit zu einem barocken Palast.
Beim Umbau wurde ein zweigeschossiger Aufbau auf den rechteckigen Grundriss des Palastes gesetzt und mit einem Krüppelwalmdach versehen. Dazu kamen zwei viergeschossige Türme auf der Hofseite.
Das Anwesen wechselte nach dem Tod des Kardinals im Jahr 1705 mehrfach den Besitzer. 1774 ging es schließlich in den Besitz der polnischen Hochadelsfamilie Radziwiłł über. Danach trat die Entwicklung des Schlosses in eine weitere prägende Phase.
Denn Michał Hieronim Radziwiłł galt als sehr kunstsinniger Sammler. Er stattete das Schloss mit prächtigem Mobiliar im Stil des Frühklassizismus aus. Er erwarb für Nieborów bedeutende Werke zeitgenössischer europäischer Maler und holländischer Meister. Auch errichtete er eine der interessantesten Bibliotheken Polens mit über 10.000 Bänden, darunter den Ältesten des Landes. Der Warschauer Architekt Simon Gottlieb Zug legte für Nieborów einen französischen Garten an. Die Radziwiłłs blieben bis 1945 im Besitz von Nieborów. Heute ist das Schloss Außenstelle des Nationalmuseums von Warschau und der Öffentlichkeit zugänglich.
Mein Tipp: Ganz in der Nähe des Schlosses findet sich ein weiteres Kleinod. Baumeister und Architekt van Gameren und Landschaftsplaner Zug errichteten für die Fürstin Helena Radziwiłł nämlich den romantischen Garten Arkadia. Er gilt als eines der schönsten Beispiele polnischer Gartenarchitektur des 18. Jahrhunderts. Man findet ihn auf einem benachbarten Gut nur ca. 7 Kilometer vom Schloss Nieborów entfernt.
Der Park von Arkadia gehört wie das Schloss Nieborów heute zum Polnischen Nationalmuseum von Warschau. Auch er ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Ihre Busreisenden sollten diese Schönheit unbedingt sehen.
Łęczyca und der erste Sejm Polens
Nur 40 Kilometer nordwestlich von Łódź liegt die Kleinstadt Łęczyca. Die heute nur wenig mehr als 15.000 Einwohner zählende Kleinstadt war einst bedeutend. Denn sie war lange Sitz eines eigenen Fürstentums. Dazu tagte in Łęczyca die Gnesener Synode und auch die ersten Sejmversammlungen Polens fanden hier statt.
Wichtigste Sehenswürdigkeit aus den glanzvollen Frühzeiten der Stadt ist das königliche Schloss. Dieses ließ König Kazimierz III. um 1350 errichten. Es wurde Teil der Stadtbefestigungen mit einem gewaltigen Festungsbauwerk. Die Jahrhunderte überdauert haben das dreigeschossige Hauptschloss und der Bergfried, der auch als Gefängnis genutzt wurde. Heute ist dort das Stadtmuseum untergebracht.
Zentrum der Altstadt und bis heute des städtischen Lebens ist der quadratische Marktplatz. In dessen Mitte steht das 1788-1790 errichtete Rathaus. Der zweigeschossige Bau wurde vom königlichen Hofarchitekten Jakub Kubicki im Stil des frühen Klassizismus errichtet.
Sehenswert ist auch das 1631 von der Kastellanin Dorota Piwo aus Płock gestiftet Bernhardinerkloster. Die 1652 fertiggestellte Klosterkirche ziert eine besonders prächtige, reiche barocke Fassade. Den Innenraum schmücken schöne Rokoko-Polychrome.
Sie hätten gern weitere Informationen über Sehenswertes in der Wojewodschaft Lodsch? Dann melden Sie sich bitte bei meinem brylla-Team. Gemeinsam finden wir die optimalen Ideen für Ihre Zielgruppe.