Beachten Sie auch unser interessantes Interview mit einer Expertin für das polnische und das deutsche Steuerrecht zu diesem Thema: Es geht unter anderem um das noch neue, vereinfachte Steuerverfahren, das insbesondere Busunternehmen aus dem Ausland betrifft, die nach Polen fahren. Aber es geht auch um die generelle steuerrechtliche Abwicklung von Reisefahrten nach Polen. Dazu möchten wir Ihnen hier die wichtigsten Information zusammenstellen, die natürlich den Besuch bei einem Steuerberater nicht ersetzen.
Was ist also das Problem: Wer Dienstleistungen in Polen erbringt, ohne vor Ort eine Niederlassung zu haben, muss sich auch steuerrechtlich in Polen führen lassen. Das gilt für den Teil der Umsätze, die in Polen erzielt werden. Und bei Busreiseunternehmern, die nach Polen fahren, wird Umsatz in Polen erzielt. Neben der bekannten – vielen kompliziert erscheinenden – Regelung gibt es seit kurzer Zeit auch eine weniger aufwändige Alternative. Wir stellen beide Varianten vor.
Anpassung an EU-Standards
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund der Änderungen ist die Novellierung der Mehrwertsteuerzahlung in Polen in Bezug auf die Umsatz- und Personenbeförderungssteuer. Diese wiederum entspringt der Angleichung des polnischen Steuerrechts an das System anderer EU-Länder, unter anderem aufgrund eines Urteils des europäischen Gerichtshofs. Das Thema ist komplex, aber durchschaubar, wenn man sich ein wenig damit befasst. Dabei möchten wir Sie als unsere Leser unterstützen.
Generell lässt sich sagen, dass ab sofort grundsätzlich das ‘Streckenprinzip’ gilt. Das bedeutet, dass die zurückgelegte Strecke maßgeblich für die Besteuerung ist. Aktuell liegt der Steuersatz bei acht Prozent auf die in Polen gefahrene Reisestrecke (Umsatz).
Um Fahrten steuerrechtlich abzurechnen, sind Busunternehmen ohne Firmensitz in Polen grundsätzlich verpflichtet, sich beim II. Finanzamt Warschau Mitte anzumelden. Aber es gibt auch eine andere Möglichkeit: Seit dem 1. Januar 2012 können Busunternehmen, die nur gelegentlich nach Polen fahren, auch eine vereinfachte Regelung in Anspruch nehmen. Diese Regelung basiert auf einem Internetverfahren und vereinfacht einerseits die Anmeldung und Abrechnung, verzichtet aber auch auf die Möglichkeiten des Vorsteuerabzugs oder dessen Rückerstattung. Damit ähnelt das Verfahren ein wenig der Kleinunternehmerregelung in Deutschland – auf andere Art.
Viele oder wenige Fahrten?
Die Frage ist also: Wählt man das allgemeine, also das ‘normale Verfahren’, oder das ‘vereinfachte Verfahren’? Die Vorteile des vereinfachten Verfahrens sind die direktere Abwicklung per Internet, der Verzicht auf regelmäßige Abgabeverpflichtungen von Steuererklärungen, der mögliche Verzicht auf einen steuerlichen Ansprechpartner, die Gebührenfreiheit sowie der fehlende Zwang zu einem polnischen Konto. Dafür allerdings gibt man Vorsteuerabzug und -rückerstattung auf, muss auf Polnisch per Internet kommunizieren, die Technik im Griff haben und am besten vorher eine Vergleichsrechnung aufgemacht haben. Wer viele Kosten ansetzen kann – etwa durch viele Fahrten – profitiert von der allgemeinen Regelung. Dafür kann man vielleicht schon den im allgemeinen Verfahren empfehlenswerten Steuerberater vergüten. Für Unternehmer mit wenigen Busfahrten nach Polen kann die vereinfachte Regelung geeigneter sein. Diese stellen wir zunächst vor.
Die vereinfachte Steuerregistrierung
Leider geht es nicht ganz ohne Formulare, die auch in Polen – wie in Deutschland – eindeutige Bezeichnungs-Kürzel haben. Die gebührenfreie Registrierung für das vereinfachte Verfahren erfolgt über die Homepage des Polnischen Finanzministeriums, wofür das Formular VAP-R genutzt wird. Bestätigt wird die Registrierung mit dem Formular VAP-5 (Bestätigung als „Steuerpflichtiger – Gelegenheitsverkehr“). Kommuniziert wird per E-Mail mit dem Finanzamt, in der Regel auf Polnisch – das ist die Amtssprache. Umgekehrt müssen polnische Unternehmer auch mit deutschen Behörden auf Deutsch kommunizieren. Für die Steuererklärung gibt es ein vereinfachtes Formular mit dem Namen VAP-1. Dieses Formular muss im Bus mitgeführt werden und auf Nachfrage den Kontrollbehörden vorgelegt werden. Bezahlt wird die Steuer jeweils bis zum 25. des dem Quartal folgenden Monats, an dem die Steuererklärung entstanden ist. Empfänger der Steuer ist das Konto des Finanzamts Warschau-Mitte.
Kurzbeschreibung des vereinfachten Verfahrens
- Registrierung auf der Internetseite des Polnischen Finanzministeriums.
- Ausfüllen des Formulars VAP-R, elektronisch absenden.
- Abwarten, bis das Formular VAP-5 bei Ihnen eingeht (Kontaktdaten dort zu entnehmen).
- Bei Fahrten muss eine Steuererklärung eingereicht werden, wenn keine Fahrten stattfinden, keine.
- Wenn Fahrten stattfinden sollen, einmal im Quartal das Formular VAP-1 ausfüllen und elektronisch absenden.
- Dieses Formular VAP-1 ausgefüllt im Bus mitführen und bei Kontrollen vorweisen.
- Bis zum 25. des folgenden Monats (nach dem Quartal) die Steuerschuld überweisen. Empfänger ist das Finanzamt Warschau-Mitte.
Das allgemeine Verfahren
Wer regelmäßig Fahrten nach Polen durchführt und keinen registrierten Firmensitz in Polen hat, sollte sich im allgemeinen Verfahren beim Finanzamt in Polen registrieren. Übrigens gilt auch der festgelegte Ort der Gewerbeausübung beziehungsweise ständiger Wohnsitz oder Aufenthalt außerhalb Polens als Anlass für diese Registrierungspflicht, wenn in Polen Dienstleistungen der grenzüberschreitenden Personenbeförderung mit Omnibussen, die nicht in Polen zugelassen sind, durchgeführt werden. Kling kompliziert, heißt aber in kurz: Wenn Sie aus dem Ausland nach Polen mit dem Bus Fahrten durchführen, ist in der Regel die Registrierung beim II. Finanzamt Warschau/Mitte erforderlich. Dort ist dann auch die Steuererklärung monatlich oder pro Quartal abzugeben.
Die Registrierung erfolgt mit dem Registrierungsformular VAT-R, welches unbedingt zum Nachweis in den Fahrzeugen mitzuführen ist. Es wird daraufhin für juristische Personen eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer NIP-2 und für natürliche gewerbetreibende Personen eine so genannte NIP-1 vergeben. Die dazu erforderlichen Unterlagen sind vorher zur Übersetzung zu geben und zweisprachig beizufügen. Welche das sind, sind bereits dem Antrag zu entnehmen. Darüber hinaus ist ein Bankkonto in Polen erforderlich; zumindest dann, wenn man eine Umsatzsteuerrückerstattung in Anspruch nehmen möchte. Die Registrierung kostet knapp 43 Euro (170 Zloty) und dauert bis zur Zuteilung der NIP-Nummer bis zu 30 Werktage nach Zahlung der Registrierungsgebühr und der Vorlage der vollständigen Unterlagen. Für Unternehmen aus EU-Ländern ist es nicht Pflicht, einen steuerlichen Ansprechpartner aus Polen zu benennen. Es ist aber vielfach empfehlenswert, wenn in Ihrem Unternehmen nicht polnischsprachige Mitarbeiter beschäftigt sind.
Kurzbeschreibung des allgemeinen Verfahrens
- Prüfung, ob ein Steuerberater eingeschaltet werden soll.
- Besuch der Internetseite des Polnischen Finanzministeriums.
- Ausfüllen des Formulars VAT-R mit vollständigen Anlagen in Originalsprache und Polnisch, mindestens einen Monat vor der Fahrt.
- Überweisung der Registrierungsgebühr von 170 Zloty auf das genannte Konto des Finanzamts.
- Klären, ob Steuerrückerstattungen zu erwarten sind. Wenn ja, wird ein Bankkonto in Polen benötigt.
- Mitführen des Formulars VAT-R in den Bussen.
- Abwarten, bis die NIP-Nummer zugeteilt wird.
- Monatlich oder quartalsweise die Steuererklärung einreichen (VAT-7 (monatlich) oder VAT-7D (quartalsweise), spätestens bis zum 25. des Folgemonats. Achtung: Die quartalsweise Abrechnung muss beantragt werden und erfordert Voraussetzungen.
Adresse des Finanzamts:
II Urzad Skarbowy Warszawa-Srodmiescie
ul. Jagiellonska 15
03-719 Warszawa
POLEN
Tel.: 0048/22/511 35 00,
Fax: 0048/22/511 35 02
E-mail: us1436@mz.mofnet.gov.pl
Die Registrierungsgebühr im allgemeinen Verfahren ist auf das folgende Konto zu entrichten:
Bankverbindung:
Urzad Dzielnicy Praga Polnoc
Bank: Handlowy, Warszawa
IBAN: PL 96 1030 1508 0000 0005 5002 6074
SWIFT: CITIPLPX
Wir empfehlen, wenn Sie unsicher sind, Ihren Steuerberater zu fragen. Dieser Text kann keine steuerliche Beratung ersetzen, sondern soll nur einen allgemeinen Überblick über die Thematik verschaffen.