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Jüdisches Akademikerhaus (© Adrian-Grycuk)
Jüdisches Akademikerhaus (© Adrian-Grycuk)

Unentdecktes Warschau – Jüdische Spuren in Praga

Der heutige zweite Teil unserer Warschauer Erkundungen befasst sich mit dem Thema „Unentdecktes Warschau – Jüdische Spuren in Praga“. Spätestens seit dem Polanski-Film „Der Pianist“ wächst das Interesse vieler Reisender, die reiche und sehr wechselvolle Geschichte und Kultur der Warschauer Juden näher kennenzulernen. Als Ergänzung für Ihre Rundreisen oder Städtereisen nach Polen sollten Sie ein entsprechendes Programm zumindest in der Hinterhand haben. Gerade das traditionelle jüdische Leben und der Flair der alten Kultur der „Shtetl“ ziehen viele Menschen in den Bann. Wir von brylla reisen sind als Incoming-Agentur darauf spezialisiert, das für die Zielgruppen Ihrer Busreisen nach Polen passende Programm zusammenzustellen.

Das jüdische Warschau und der Holocaust

Die meisten Stadtführungsangebote zum Thema „Das jüdische Warschau“ haben naturgemäß vor allem das Leiden und Sterben im Warschauer Ghetto und den Holocaust zum Thema. Zu den dabei besichtigten Sehenswürdigkeiten gehören: Polin, das Museum zur Geschichte der polnischen Juden, die Ghettomauerreste an der ul. Sienna, der Umschlagplatz in der ul. Stawki mit der Gedenkmauer, das Denkmal für die Ghettohelden in der ul. Zamenhofa, der Jüdische Friedhof an der ul. Okopowa und die Noźyk-Synaoge, die als einige Warschauer Synagoge den Krieg überstand.

Ergänzend oder fakultativ könnte eine Stadtführung, die das Leben der Warschauer Juden und ihre Kultur vor der Vernichtung zum Thema hat, interessant sein. Auch hier wäre zum besseren Verständnis ein ausführlicher Besuch des Museums Polin anzuraten. Im Museum werden die Lebensweisen und Kultur der Juden in Warschau in seiner großen Vielfalt begreifbar gemacht. Folgende thematischen Führungen wären vorstellbar:

Jüdisches Leben auf den Spuren von Isaac Beshevis Singer

Das Leben und die Kultur des jüdischen Warschaus wird in all seiner prallen Vielfalt auf den Spuren von Isaac Bashevis Singer (1902-1991), dem einzigen jiddischen Schriftsteller, der Literaturnobelpreisträger (1978) wurde, besonders plastisch. „Jede jüdische Straße in Warschau war eine eigenständige Welt“ schrieb Singer einst, denn in jeder dieser Straßen lebten Juden aus anderen Regionen, die verschiedenen Glaubensschulen anhingen, jede dieser Straßen war ein „Shtetl“ für sich. Singer lebte bis zum 33. Lebensjahr überwiegend in Warschau und setzte dieser Welt ein literarisches Denkmal. Nach ihm wurde auch das Festival der jüdischen Kultur „Warszawa Singera“ (Das Warschau Singers) benannt, das alljährlich stattfindet. In diesem Festival wird sie wieder spürbar, die jüdische Kultur um die ul. Próżna, den benachbarten pl. Grzybowski, die Nożyk-Synagoge und das Jüdische Theater. Dort liegt auch die berühmte ul. Krochmalna Nr. 10, in der Singer einst wohnte. So kann man das jüdische Leben um die ul. Krochmala als eine Möglichkeit anbieten, das jüdische Warschau auf den Spuren von Isaac Bashevis Singer zu erkunden.

Praga – Das unbekannte jüdische Viertel

Doch auch in Praga, dem Stadtteil östlich der Weichsel, der immer ein wenig im Schatten der eleganten Hauptstadt lag, finden sich Spuren dieses jüdischen Lebens. Damals wie heute brauchte man nur die Weichselbrücke zu überschreiten und wähnte sich in einer anderen Welt. Praga war schon immer multikulturell geprägt. Dort wohnten vor dem Krieg mehr als ein Drittel der Warschauer Juden. Heute kommen hier viele Menschen aus Weißrussland auf der Suche nach einem besseren Leben an. Was für viele Warschauer lange der Osten war, ist für sie schon der Westen.

Praga Mykwa (© Hubert Śmietanka)
Praga Mikwe (© Hubert Śmietanka)

Ein wenig des alten jüdischen Flairs ist Praga geblieben: Spuren einer reichen jüdischen Kultur und des alltäglichen Lebens und Arbeitens, dem hier jeder nach seiner Fasson nachging. Praga war auch damals schon ein Schmelztiegel. Dort nämlich kamen viele Juden aus dem Osten an, oft auf der Flucht vor Pogromen und Drangsalierungen, nicht selten aber auch, weil in Warschau ein Rabbiner lebte und lehrte, bei dem man die Thora studieren wollte. In der Zeit vor dem Holocaust eilten hier die Talmud-Schüler zur Synagoge, boten die Bäcker auf Handkarren duftende, frisch gebackene Beigelen an (heute als Bagel in Mode) und wurde an der Ecke in einem kleine Restaurant koschere Küche serviert. Nicht auf den ersten Blick zu erkennen waren die Orte die Mikwen beherbergten, die jüdischen Tauchbäder. Aber auch sie hatten eine wichtige Funktion, sie dienten der rituellen Reinigung.

All das lässt sich noch in den Werken von Isaac Bashevis Singer nachempfinden. So ist es nur konsequent, dass ein Teil des Warszawa Singera-Festivals auch in Praga angesiedelt ist. Und natürlich finden sich in Praga selbst ebenfalls Spuren, die erhalten blieben, denn auf dem rechten Ufer blieb die Bausubstanz zu größeren Teilen vom Krieg verschont.

Spuren des Judentums in Praga erkunden

Beim Rundgang durch Praga finden Sie im Original erhaltene Häuser, an deren Türpfosten noch Reste einer Mesusa zu finden sind oder Reste hebräischer Inschriften. Kein Wunder also, dass Roman Polański das alte jüdische Praga als eine der Filmkulissen für seinen Film „Der Pianist“ wählte.

Lassen Sie Ihre Busreisenden die folgenden wichtigsten jüdischen Spuren in Praga mit kundiger Führung entdecken. An der ul. Jagiellońska findet sich das 1911-1914 erbaute Michał-Bergson-Erziehungshaus der Jüdischen Gemeinde von Warschau. Architektonisch ist das Gebäude eine Reminiszenz an die großen Synagogen-Bauten der Renaissance. In dem Gebäude waren eine Schule, ein Kinderheim, ein Gebetssaal und ein Hort für jüdische Kinder untergebracht.

Nach der Wiedererlangung der polnischen Souveränität 1918 wurden die polnischen Juden gleichberechtigte Staatsbürger und viele von Ihnen nahmen ein Studium an der Warschauer Universität auf. Für diese Studenten – unter ihnen auch der einstige israelische Ministerpräsident Menachem Begin – wurde 1926 ein modernes Studentenwohnheim für 300 Studenten an der Sierakowskiego gebaut.

Eines der Handelszentren von Praga war der Różycki-Basar (Bazar Różyckiego) in der ul. Targowa. Bis heute wird dort in überdachten Ständen und kleinen Läden Handel getrieben. Die dem Różycki-Basar benachbarten 1819 und 1830 erbauten Häuser des jüdischen Kaufmanns Berek Rothblith sind die ältesten Gebäude von Praga. Mit einem weiteren benachbarten Bau gingen die Bürgerhäuser später an die Familie Fajgenblatt über. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befanden sich hier drei jüdische Gebetshäuser. Heute gehören die Bauten zum Museum des Warschauer Praga (Muzeum Warszawskiej Pragi).

Praga Alter Platz der Synagoge (© Hubert Śmietanka)
Praga Alter Platz der Synagoge (© Hubert Śmietanka)

In der ul. Kłopotowskiego 31 befindet sich ein wie eine Stadtvilla wirkendes Haus, das 1910-1913 aus roten Ziegeln nach Entwürfen von Naum Horstein errichtet wurde. Es beherbergte eine der oben bereits beschriebenen Mikwen. In dem benachbarten kleinen Park stand bis 1961 die Synagoge von Praga, die damals auf Regierungsbefehl abgerissen wurde. Der Schutt wurde zu einem Hügel aufgeschüttet, auf dem ein Spielplatz entstand. Ein guter Reiseführer kann lebendige Geschichten aus dieser Zeit erzählen. Das macht die Gruppenreise nach Polen zu einer echten Zeitreise.

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