Landschaften sind eine dankbare Inspirationsquelle. Sie können sich auf die Stimmung auswirken und zum Großen anregen. Wer es nicht glaubt, sollte einen Blick auf die Kunst der letzten Jahrtausende werfen. Neben dem großen Blau der Meere, sind die scheinbar den Himmel berührenden Gipfel der Berge besonders dazu prädestiniert, die menschliche Fantasie zu beflügeln. Mit einer Reise in die polnischen Berge können Sie demnach sowohl den Naturliebhabern unter Ihren Reisegästen entgegenkommen als auch jene begeistern, die gerne auf den Spuren von verwunschenen Rittern und Volkshelden wandern.
Im Folgenden Beitrag möchte ich Ihnen drei phantastisch phantasieanregende Geschichten vorstellen. Zum einen, weil ich selbst von ihnen gefesselt bin. Zum anderen, weil ich Ihnen und Ihren Reisegästen dazu verhelfen möchte, die Schönheit der polnischen Berge nicht nur mit den Augen, sondern auch mit der Vorstellungskraft wahrzunehmen.
Es handelt sich um
- der Rübezahlsage
- die Legende vom schlafenden Ritter
- die Geschichte vom Janosik
- die Hexenwochenenden vom Blessenberg
Freuen Sie sich mit mir auf die Legenden und Mysterien der Karpaten und Sudeten. Wir starten mit einer Geschichte, deren Protagonist auch den meisten hierzulande bekannt sein dürfte. Ich bin allerdings gespannt, ob Sie diese Version kennen oder die aus dem Blogartikel „Schauplätze der Masurenkrimis: Hintergrundwissen zu Mythen und Bräuchen Polens [2023] Tödliche Göttinen?“ (LINK).
Rübezahl
Inhaltsverzeichnis
Eine Version der Legende, die mir persönlich am meisten gefällt, berichtet von Rübezahl als einem frühzeitlichen Herrscher der Berge. Er soll dieser Legende nach mit Weisheit und Stärke über den höchsten Teil der Sudeten, dem Riesengebirge, geherrscht habe.
Als sanfter Riese beschütze Rübezahl das Bergmassiv und die umliegenden Orte, bewahrte ihre Schönheit und tat sich als gerechter Richter und Schlichter für die einheimische Bevölkerung hervor. Stets war er den Menschen eine große Stütze und die erste Anlaufinstanz bei sämtlichen Streitigkeiten und Sorgen.
Eines Tages verliebte sich Rübezahl in eine Prinzessin aus einem der zahlreichen Schlösser der Gegend. Sie erwiderte seine Gefühle, was wiederum andere Riesen von nah und fern auf den Plan rief. Aus purer Eifersucht und Neid beschlossen diese den Rübezahl loszuwerden, denn sie wurden seines Glückes überdrüssig.
Ein epischer, erbarmungsloser Kampf entbrannte und zog sich über mehrere Tage hinweg. Seine Spuren sind bis heute in diversen sonderlich anmutenden Felsformationen in den gesamten Sudeten zu finden, deren Ursprung nur bedingt mit natürlichen Ursachen erklärt werden kann.
Rübezahl ging zwar als Sieger aus dieser Schlacht hervor, doch trug er tödliche Verletzungen davon. Im Sterben liegend, verabschiedete er sich von seiner Geliebten und von den zum Abschied herbeigeeilten Einwohnern. Er versprach ihnen als Geist über sie und das Land zu wachen. Besonderen Schutz versprach er den Bergwanderern – natürlich nur, wenn sie die Schönheit des Riesengebirges zu schätzen und zu achten wissen.
Und in der Tat, beim Anblick dieser malerischen Gegend mit ihren atemberaubenden Berglandschaften und den pittoresken Orten, fällt es einem leicht zu glauben, dass hier eine übernatürliche Kraft ihre schützende Hand über das Land und seine Leute hält.
Die Geschichte vom Rübezahl erfreut sich in Polen großer Beliebtheit und wird gerne am Lagerfeuer erzählt. Vielleicht findet sie demnächst den Weg auch zum Lagerfeuer ihrer Reisegruppe? Vorzugsweise am Fuße der majestätischen Schneekoppe, natürlich.
Die schlafenden Ritter
Geschichten über Ritter, beziehungsweise Krieger, die tief in den Bergen oder in weit entlegenen Wäldern schlummern um in der Stunde der Not dem bedrohten Vaterland zu Hilfe zu eilen, sind wohl so alt wie das Rittertum selbst.
Solche, beziehungsweise ähnliche Geschichten gab es schließlich schon bei den alten Griechen und Römern. Polen ist bekanntermaßen ein Land mit wechselhafter Vergangenheit. Hier erregten solche Erzählungen schon immer eine besondere Aufmerksamkeit. Denn sie boten der oftmals von fremden Herrschern geknechteten Bevölkerung Hoffnung und Zuversicht. Kein Wunder also, dass eine der schönsten Geschichten dieser Art in den Hohen Tatra, einem alpinen Juwel der Westkarpaten, spielt.
Vom Gipfel der Gubałówka aus betrachtet scheint der Berg Giewont die Silhouette eines schlafenden Ritters zu haben. Möchten Sie erfahren wie sich dies der Volksmund erklärt?
Die Legende über die schlafenden Ritter beginnt mit einem kleinen Hirtenjungen Namens Jan. Er soll ein aufgeweckter und neugieriger góral (Polnisch für Bergbewohner) gewesen sein, der von großen Abenteuern träumte und gerne den Erzählungen der alten Schafhirten aus der Gegend von Zakopane lauschte.
Eines Tages, nach einem langen Tag auf der Weide, gesellte er sich zu einem von ihnen am Fuße des Berges Giewont. Sie saßen am Lagerfeuer, genossen ihr Oscypek (ein geräucherter Hartkäse, den Ihre Reisegäste unbedingt probieren müssen) und der Alte erzählte Jan von einer Schatzhöhle, die inmitten des Berges gelegen sein soll.
Jan konnte in der darauffolgenden Nacht kein Auge zutun. Er stellte sich vor, was er mit all den Schätzen und dem Gold, die der Berg verbergen sollte, machen würde.
Kaum den Sonnenaufgang abgewartet, machte er sich auf den Weg die Gegend genaustens zu erkunden. Nach langer und erfolgloser Suche beschloss er eine Pause an einem Gebirgsbach zu machen.
Nachdem er das kristallklare Wasser getrunken hatte, beschloss er sich hinzulegen. Er wachte auf als die Sonne bereits lange Schatten warf. Doch es war nicht sie oder die Schatten, die ihn aufweckten, sondern das Wiehern von unzähligen Pferden.
Jan schaute sich um, doch konnte er niemanden sehen. Im Glauben sich verhört zu haben, fing er an seine sieben Sachen zu packen und den Heimweg anzutreten.
Kaum von seinem Rastplatz abgerückt, vernahm er wieder ein lautes Wiehern. Ihm wurde klar, dass er sich zuvor nicht verhört hatte. Und das obwohl er schwören könnte, dass das Geräusch von unten, direkt aus der Erde zu kommen schien.
Schweißtropfen bildeten sich auf Jans Stirn, doch statt wegzulaufen, begann er sich um so eifriger umzusehen. Plötzlich bemerkte er einen kleinen Spalt in einem nahegelegenen Felsen. Mit großer Mühe quetschte er sich hindurch.
Als er im Inneren des Berges ankam, spürte er unnatürliche Kälte, gefolgt vom Rauch. Lange folgte er diesem nach unten, bis zu dem Eingang einer großen Grotte. Und was er dort sah, konnte er nur schwerlich begreifen.
In der Mitte der Höhle brannte ein großes Lagerfeuer, an dem ein an ein Schwert angelehnter Ritter Wache zu halten schien. Von diesem Anblick erschrocken, versuchte Jan still und unbemerkt den Rückzug anzutreten. Vergeblich. Er stolperte über einen Stein und fiel mit Krach zu Boden.
Im Nu baute sich der Ritter vor ihm auf. Doch statt Jan anzugreifen, fragte er bloß: „Ist die Zeit gekommen?“. Starr vor Angst brachte der Junge gerade mal ein leises, kaum hörbares „nein“ über die Lippen. „Nein, noch nicht“, antwortete er schließlich laut, wenn auch stotternd.
Daraufhin verwies der Ritter Jan auf seine zahlreichen Kameraden und deren Pferde, die in der Höhle nebenan schliefen und sprach: „Wir, die Ritter der polnischen Krone, halten hier einen langen Schlaf. Doch wenn die Zeit gekommen ist um die polnischen Berge und das polnische Land zu verteidigen, werden wir aufstehen und in die Schlacht ziehen. Störe uns nicht bis dahin, damit wir genug Kraft sammeln, um sich unseren Feinden entgegenzustellen“.
Kaum diese Worte ausgesprochen, fiel der Ritter wieder in ein tiefes Schlummern. Jan verließ die Grotte und lief nach Hause. Seinen Liebsten, die schon Ausschau nach ihm gehalten haben, berichtete er, dass in dem Berg Giewont in der Tat ein großer Schatz verborgen sei. Ein Schatz, dessen Wert sämtliches Gold dieser Welt übersteige.
Janosik
Nun zu einer meiner Lieblingslegenden, die dem einen oder anderen unter Ihren Reisegästen dank der 1970er-Fernsehserie „Janosik, Held der Berge“ eventuell bekannt sein dürfte.
Janosik kam im ausgehenden 17 Jahrhundert in einer armen Schafhirtenfamilie in der heutigen Slowakei (damals Polen) zur Welt. Er galt als aufgeweckt und stark. Bereits in jungen Jahren schloss er sich einer Räuberbande an und begann mit ihr die Landgüter des örtlichen Adels sowie die über die hohe Tatra ziehenden Kaufmannskarawanen zu überfallen.
Man könnte also sagen, dass er bis dahin ein recht gewöhnliches Räuberleben geführt hat, das ihn kaum von seinen zahlreichen Fachkollegen in Ost und West unterschied. Doch diese Einschätzung wäre weit gefehlt. Janosik war nämlich ein Räuber der ganz besonderen Art, der sich schon bald, vornehmlich bei der Landbevölkerung, einen Ruf als redlicher und aufrechter Mann erarbeitet hat.
Sie müssen zugeben, dies sei für jemanden in dieser Profession relativ ungewöhnlich. Ursächlich dafür war allerdings nicht das, WAS Janosik tat, sondern das WIE.
Denn im Gegensatz zu seinen Kollegen teilte Janosik seine Beute mit den Armen und Bedürftigen und ging so in die Geschichte als das polnische Pendant zum englischen Robin Hood ein, das „den Reichen nahm, um den Armen zu geben“.
Doch mit der eigentümlichen Umverteilung war noch lange nicht Schluss. Janosik nahm sich ebenfalls das Recht vor, sich als Beschützer des einfachen Volkes hervorzutun, das es vor der Willkür und Ungerechtigkeit der Obrigkeit verteidigte.
Der Volksmund und Glaube sprachen ihm mithin fantastische, ja geradezu übermenschliche Fähigkeiten und Fertigkeiten zu. Er galt als gewieft und mutig – das ist klar und gehört gewissermaßen zur Standartausstattung eines jeden Volkshelden.
Doch Janosik wurde darüber hinaus nachgesagt, dass er schneller als ein Pferd und stärker als ein Bär sei. Wobei er, das sei an dieser Stelle deutlich betont, bei all seiner Stärke und Schnelligkeit stets fair, jovial und charmant geblieben sein soll. Ganz besonders den Damen gegenüber.
Die Geschichte von Janosik klingt nach einem Märchen. Ihr Ende ist allerdings alles andere als Märchenhaft. Von einem seiner Männer verraten (es ging dabei um die Zuneigung einer Frau), wurde Janosik trotz massiver Proteste seitens der Bevölkerung 1713 verurteilt und gehängt.
Seine Legende lebt jedoch weiter. In Theaterstücken, in Filmen und ja, sogar in einer Biermarke (wenn auch unautorisiert). Und das ist kein bisschen verwunderlich. Denn ihre Botschaft, die vom Kampf gegen die Unterdrückung und dem Schutz der Schwachen erzählt, hat einen universellen Charakter, der in jeder Zeitepoche die Herzen erwärmt und auf dankbare Zuhörer (und Leser) stößt.
Hexenswochenenden vom Blessenberg
Auf dem Blessenberg (pol. Łysa Góra), dem zweithöchsten Berg des Heiligkreuzgebirges, sollen über Jahrhunderte hinweg Hexenwochenenden stattgefunden haben. Die besenreitenden Damen von nah und fern sollten hier jeden Samstag ein Treffen abgehalten haben, bei dem gezaubert, geliebt und allerhand Unfug getrieben wurde.
Erst der Bau eines Klosters, in dem die Reliquien des Heiligen Kreuzes untergebracht wurden, soll die, im wahrsten Sinne des Wortes, bezaubernde Gesellschaft aus der Gegend vertrieben haben. Dennoch: Wenn Sie mal mit Ihren Reisegästen dort sind, warnen Sie sie vorbeugend vor möglichen Tieffliegern. Die schützende Wirkung des Klosters und seiner Reliquien besteht zwar nach wie vor, aber man kann ja nie wissen.
Und noch ein Wort zum Organisatorischen
Ganz gleich ob Sie und Ihre Reisegäste die Spuren des Kampfes von Rübezahl begutachten wollen oder auf den verschlungenen Pfaden des legendären Räubers Janosik wandern möchten. Überall werden Sie gut ausgebaute Infrastruktur vorfinden, die sowohl die Anfahrt als auch die Unterbringung Ihrer Gäste so angenehm wie nur möglich macht.
Die Magie der polnischen Berge ist unverkennbar und wird durch die Legenden und Mythen, die sie umhüllen, sogar noch gesteigert. Ich hoffe, dass es mir mit diesem Beitrag gelungen ist, Sie davon zu überzeugen.
Sollten Sie Fragen oder Anmerkungen zu diesem Thema haben, so zögern Sie bitte nicht mich und mein Team zu kontaktieren. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass Ihre nächste Reise in die Karpaten und Sudeten ihren vollen zauber entfalten kann.