In „Unterkünfte in Polen – Marktentwicklungen“ stelle ich dar, welche Entwicklungen ich bei Unterkünften beobachte: generell und speziell in Polen. Für Sie als Reiseveranstalter oder Vereinsverantwortlicher lassen sich daraus Rückschlüsse auf die Ausgestaltung und Vermarktung Ihrer Reisen ziehen. Außerdem hilft Ihnen die Darstellung, die aktuellen Marktveränderungen im Überblick zu behalten.
Starten werde ich mit einigen generellen Aussagen zum Reisemarkt Polen. Anschließend werde ich eine Typologie der Reisenden und die durch das Internet verursachten Veränderungen am Reisemarkt skizzieren. Ein Großteil der Marktveränderungen, die ich beobachtet habe und im Folgenden schildere, lässt sich mit diesem Hintergrundwissen besser verstehen.
In weiteren Artikeln zum Unterkunftsmarkt in Polen gehe ich dann ins Detail. Sie können sich z.B. auf Informationen zu regionalen Veränderungen des polnischen Unterkunftsmarktes freuen. Wenn sich für Sie Fragen oder Unterstützungsbedarfe bei der Planung Ihrer Gruppenreisen ergeben: zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren.
Der Reisemarkt Polen
Inhaltsverzeichnis
Dass die Deutschen Reiseweltmeister sind, ist keine Neuigkeit. Und Zahlen von GfK Mobility belegen, dass auch in 2017 die Reiseausgaben der Deutschen wieder deutlich anstiegen. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Ausgaben um ca. 8 Prozent. Damit gaben die Deutschen ca. 65 Milliarden Euro aus (für vor Reiseantritt gebuchte Leistungen bei Urlaubs- und Privatreisen mit mindestens einer Übernachtung). Erste Vorabankündigungen zur Reiseanalyse 2018 lassen den Schluss zu, dass sich dieser Trend auch 2018 fortgesetzt hat – hier können wir mit Spannung die Vorstellung der Analyse auf der ITB erwarten.
Ein zweiter Fakt, der nicht zu übersehen ist, ist dass die Destination Polen für Deutsche immer beliebter wird. So zitiert der DRV aus der Reiseanalyse 2017: in dieser erklärten 2 Prozent der Befragten Polen zur beliebten Destination. In der Analyse 2018 waren es bereits 2,8 Prozent. Dies spiegelt sich auch im Buchungsverhalten wider.
Wie in den Vorjahren manifestiert sich auch 2017 ein stetiger Aufwärtstrend in einem neuen Rekordergebnis ausländischer Touristen in Polen. Betrachtet man das ganze Reisejahr 2017, stieg die Zahl ausländischer Touristen in Polen gegenüber dem Vorjahr von 17,5 auf rund 18,3 Millionen. Insgesamt kommen rund drei Viertel der Gäste aus den Ländern der Europäischen Union. Die Deutschen machen darunter mehr als ein Drittel aus. Trotz der rasant wachsenden Zahl chinesischer und japanischer Polen-Urlauber sind die Europäer also die wichtigste Urlaubergruppe. Und in diesem Segment sieht das Ministerium auch noch immer das größte Entwicklungspotenzial. Das ist nicht unbegründet. Denn in 2017 stieg die Zahl der deutschen Gäste gegenüber dem Vorjahr von 6,2 Millionen auf 6,5 Millionen.
Typologie der Reisenden
Bereits in meinen Artikeln zu Reisezielgruppe und Paketreisen nach Polen – Teil 1 und zu Reisezielgruppe und Paketreisen nach Polen – Teil 2 hatte ich eine Typologie verschiedener Reisenden dargestellt. Diese Typologie möchte ich nun gerne wieder aufgreifen.
Denn die verschiedenen „Typen“ haben nach meiner Beobachtung auch unterschiedliche Anforderungen an ihre Unterkunft. Das ist wichtig zu wissen als Hintergrund für die Entwicklungen auf dem Unterkunftsmarkt – aber dieses Wissen kann Ihnen auch bei der Angebotsunterbreitung helfen.
Urbane Entdecker
Den typischen urbanen Entdecker zieht es zu lebendigen Straßen, Kulturveranstaltungen und Architekturkunstwerken. Er oder sie streift am liebsten durch lebendige Straßen oder lässt sich von einsamen Hinterhöfen locken. Er freut sich, kleine Boutiquen, Cafés oder Kneipen besuchen zu können. Ausstellungen in Museen, Theatervorstellungen, Konzerte, Kinobesuche sind für ihn attraktiv und sollten auch auf einer Reise nicht fehlen. Selbstverständlich liebt er Stadtrundgänge zu schönen, interessanten oder besonderen architektonischen Kunstwerken. Begeistern lässt er sich, wenn er vor Ort mit gut vernetzten Einwohnern Kontakt bekommen kann.
Zusammenfassend könnte man sagen, dass es den urbanen Entdecker in das Mittendrin von schönen, interessanten und authentischen Eindrücken mit Kultur und Menschen zieht. Und genau so stellt er sich auch seine Unterkunft vor. Sie sollte „mittendrin“ sein, möglichst hochwertig, interessant und authentisch. An Bettenburgen und Unterkünften abseits seiner „Hotspots“ hat der urbane Entdecker kein Interesse. Ideal sind Unterkünfte mit direktem Kontakt zu Einwohnern – z.B. in einer hochwertigen Airbnb-Unterkunft (wenngleich der ursprüngliche Community-Gedanke dort sicher nicht mehr an erster Stelle steht).
Regionalliebhaber
Anders als der urbane Entdecker lockt den Regionalliebhaber weniger die bunte Abwechslung. Er ist total vernarrt in bestimmte Regionen. Ihn ziehen Küstenregionen, weitflächige Wälder und Seenlandschaften oder Gebirge an. Im Einzelfall bzw. wenn er beginnt ein Land zu entdecken kann er auch am Überblick über das Land interessiert sein.
Unabhängig von der Landschaftsform liebt er es, auf leichten Spaziergängen, Fahrradtouren oder Busfahrten mit seiner Landschaft zu verschmelzen. Er möchte Land und Leute kennenlernen, regionale Gebräuche entdecken und zur Ruhe kommen. Das Highlight für den Regionalliebhaber sind nach meiner Erfahrung regionaltypische Veranstaltungen wie Abende auf der Baude oder mit Seemannsliedern.
Seine Reiseinteressen spiegeln sich auch in seinen Unterkunftswünschen wieder. Dem Regionalliebhaber ist nicht an einer trubeligen Unterkunft gelegen. Er mag es tendenziell ruhiger und heimeliger. Den Kontakt zu gleichgesinnten und Einwohnern sucht er eher außerhalb seiner Unterkunft oder an der Hotelbar als direkt in einer Airbnb-Unterkunft.
Aktivitätsreisende
„Meine“ Zielgruppe der „Aktivitätsreisenden“ ist nicht zu verwechseln mit dem Begriff „Aktivreisende“. Ich fasse unter den „Aktivitätsreisenden“ alle Reisenden zusammen, die auf ihrer Reise auf eine besondere Art aktiv sein wollen.
Einige der „Aktivitätsreisenden“ wollen sich körperlich betätigen – das entspricht der gewöhnlichen Definition von „Aktivreisenden“ am ehesten. Diese Reisenden wollen beispielsweise wandern oder mit dem Rad fahren.
Andere „Aktivitätsreisenden“ suchen besondere regionale kulinarische Genüsse. Sie locken lokale Brauereien, Winzereien, Käsereien und landestypischen Speisen.
Wieder andere wollen kulturell aktiv sein – sie wollen beispielsweise möglichst viel über das polnische Mittelalter wissen und unternehmen eine entsprechende Museen- und Burgentour.
Auch diejenigen, die reisen, um eine Kur zu machen, fallen unter meine Gruppe der Aktivitätsreisenden. Denn was alle eint, ist folgendes: eine Reise muss auf die gewünschte Aktivität ausgerichtet und zugeschnitten sein
Für diesen Reisetyp lassen sich in Punkto Unterkunft nur wenig allgemeinverbindliche Aussagen treffen. Sie wollen natürlich eine gepflegte Unterkunft und die Unterkunft muss nah dran sein an der Wunschaktivität. Im Optimalfall spiegelt sie die Wunschaktivität sogar wider. Sie könnte beispielsweise eine eigene Brauerei oder einen Wellnessbereich haben. Oder sie könnte in einem mittelalterlichen Gebäude untergebracht sein oder wird von einem ehemaligen Radprofi geleitet werden.
Anlassreisende
Wie der Name schon sagt reist diese Zielgruppe aus einem bestimmten Anlass. Sie wollen besondere Tage an stimmungsvollen Orten erleben, und verreisen daher zu Silvester, Weihnachten oder Ostern, oder wollen bestimmte Events wie ein Konzert, ein zeitlich befristetes Kulturprogramm, ein Sportereignis oder dergleichen erleben.
Für die Anlassreisenden spielt die Unterkunft eine eher untergeordnete Rolle. Selbstverständlich muss sie gepflegt sein, sollte nicht zu viel kosten und nah an der Veranstaltung liegen. Das genügt dem Anlassreisenden dann aber auch schon. Er konzentriert sich ganz auf den Anlass der Reise.
Mottoreisende
Dem Mottoreisenden geht es darum, ein bestimmtes Lebensgefühl, Geschichten und Flair zu erleben. Beispiele für passende Angebotsoptionen sind Reisen, bei denen die Gäste in exklusiven Schlössern oder Herrenhäusern übernachten können oder auf historischen Spuren unterwegs sind. Anders als bei den Aktivitätsreisenden oder den Anlassreisenden stehen dabei gar nicht in erster Linie einzelne Aktivitäten oder Örtlichkeiten im Vordergrund. Nein, die Reise muss ein stimmiges Ganzes ergeben. Sie muss quasi eine gut erzählte Geschichte sein.
Im Gegensatz zu den Anlassreisenden legen die Mottoreisenden einen besonderen Wert auf die Unterkunft. Denn sie muss sich als ein Teil in die Geschichte der Reise integrieren. Sie muss das Flair der Reise herausheben und unterstützen. Daher ist die Suche der geeigneten Unterkunft für diese Reisenden besonders wichtig.
Internetgetriebene Veränderungen am Reisemarkt
Wie in anderen Branchen wirkt sich auch in der Reisebrache das Internet massiv auf Markenbildung, Vertrieb, Produkte und Preise aus. Daraus resultieren Chancen und Risiken.
Markenbildung
Im Bereich der Markenbildung beispielweise eröffnen sich für enttäuschte Kunden neue Möglichkeiten. Früher konnten sich ihre Beschwerden nur an den Vorstand von Unternehmen senden oder ihre negativen Erlebnisse im persönlichen Bekanntenkreis weitererzählen. Heute bewerten sie Anbieter auf Verkaufsportalen. Und wer sich besonders ärgert, geht den Weg über die sozialen Medien. Im Einzelfall entsteht dabei ein Shitstorm, der auch große Unternehmen erheblich unter Druck setzen kann.
Gleichzeit verbreiten sich aber auch positive Nachrichten schnell im Netz – vorausgesetzt die Kunden werden wirklich angenehm überrascht. Gut überlegt lässt sich Meinungsbildung durch Unternehmen so auch in gewisser Weise steuern. Das macht sich z.B. das Influencermarketing zu Nutze. Hier machen Menschen, die eine gewisse Breitenwirkung im Internethaben Werbung für Produkte und erhalten dafür Geld oder andere Gegenleistungen.
Reisevertrieb
Aber natürlich stellt das Internet auch einen Vertriebsweg dar. Bevorzugt werden dabei noch die einfachen Produkte – wie beispielsweise Unterkünfte, Transportleistungen oder Pauschalreisen. Aber es ist nur eine Frage der Zeit bis auch komplexere Produkte (wie beispielsweise selbst zusammengestellte Gruppenreisen) im größeren Stil über das Internet verkauft werden.
Attraktiv ist das Internet als Vertriebsweg für Interessenten und Anbieter. Die Interessen haben 24-stündige Öffnungszeiten, können sich in nahezu beliebiger Breite und Tiefe über Produkte und Preise informieren sowie Angebote vergleichen und müssen dazu nicht einmal vor die Haustür treten. Die Unternehmen sparen teures Beratungspersonal ein, können schnell einen Überblick über Konkurrenzprodukte gewinnen und haben die Möglichkeit ihre Preise flexibel an die Nachfrage anzupassen.
Der Nachteil des Vertriebsweges ist aber eben auch, dass die eigenen Produkte gut vergleichbar werden, der neue Vertriebsweg spezielle Kenntnisse erfordert und meist nicht unbedeutende Investitionen in Technik sowie die Internetwerbung erfordert. Davon profitieren oft die ohnehin großen Player und die erfolgreichen „First-Mover“.
Produktentwicklung
Nicht zuletzt ermöglicht das Internet, dass sich völlig neue Produktlinien ergeben und Produkte vom Kunden „on-demand“ selber konfiguriert werden können. Wer hätte vor 15 Jahren schon daran gedacht, dass die Vermietung privater Wohnungen an Reisende den Reisemarkt gründlich verändern könnte? Seit ein paar Jahren ist Airbnb nicht mehr vom Reisemarkt wegzudenken – was gleichermaßen zu Freud und Leid führt (je nach Betrachtungsweise). Gleichzeitig hat sich Airbnb selbst vom Community-Gedanken immer weiter entfernt. Die über Airbnb angebotenen Unterkünfte werden in immer stärkerem Maße kommerzialisiert – was unter Umständen in der Zukunft zum Entstehen neuer wieder authentischerer Angebote führen kann.
Folgen für den Unterkunftsmarkt in Polen
Aus den o.g. längerfristigen Trends ergeben sich Veränderungen auch für den Markt der Unterkünfte in Polen. Einerseits wächst der Markt wegen des immer noch günstigen Preis-/Leistungsverhältnisses und stark gestiegener Qualität der touristischen Leistungen in Polen stark. Andererseits verändert der Markt sich qualitativ mindestens ebenso stark.
Folgende Auswirkungen kristallisieren sich hier für mich heraus:
- Der Tourismusmarkt und damit auch der Markt der Unterkünfte in Polen wird weiter wachsen.
- Die Vielfalt der Absatzmittler wird generell zurückgehen. Das klassische Reisebüro bzw. die Reisebüroketten geben immer größere Marktanteile an eine Handvoll Internetbuchungsportale ab. Erfolgreiche Vorreiter unter den Portalen erarbeiten sich dabei häufig innerhalb kurzer Zeit eine so starke Marktposition, dass sie zumindest zeitweise die Entwicklung des Gesamtmarktes maßgeblich prägen.
- Kunden/Interessenten suchen verstärkt nach Unterkünften, die genau zu ihnen passen. Gleichzeitig sinkt dabei der Einfluss des persönlichen Eindrucks auf die Entscheidung. Die Empfehlung des Reisebüromitarbeiters, das Auftreten des Rezeptionspersonals oder die konkreten Eindrücke vor Ort tragen kaum noch zur Entscheidung bei. Stattdessen vertrauen Reisende automatisiert erhobenen Feedbacks anderer Kunden oder Influencern.
- Hotels bemühen sich immer stärker auf die „individuellen“ Kundenwünsche einzugehen. Sie bieten die Möglichkeiten Pakete zuzubuchen. Oder sie prägen gleich Marken und Häuser aus, die sich an spezifische Zielgruppen wenden. Und natürlich orientieren sie ihre Preise flexibel an der Nachfrage.
- Neue Unterkunftstypen standardisieren und professionalisieren sich. Sie richten sich dabei an Vorgaben, die Internetbuchungsportale ihnen machen, aus. So nähern sie sich dem Angebot klassischer Unterkünften an.
Diese Auswirkungen müssen bei der Planung und Gestaltung von Reiseangeboten berücksichtigt werden. Konkrete Tipps dazu erhalten Sie in den folgenden Artikeln zum Thema. Für Fragen zu Gruppenreiseangeboten stehen mein Team und ich Ihnen natürlich jederzeit zur Verfügung.