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Zu sehen ist das Wigry-Kloster in der Nähe von Suwałki, Bild: Magkrys
Suwałki, Wigry-Kloster, Bild: Magkrys

Natur, Exotik und Geschichte – Podlachien

In Natur, Exotik und Geschichte – Podlachien beschreibe ich die Wojewodschaft Podlachien. Auf Polnisch heißt diese Region Polens Województwo Podlaskie. Sie liegt im äußersten Nordosten Polens. Im Süden schließt sich die Wojewodschaft Lublin an, im Südwesten und Westen die Wojewodschaft Masowien, im Nordwesten die Wojewodschaft Ermland und Masuren. Im Nordosten grenzt Podlachien an Litauen, im Osten an Weißrussland.

Mit seinen insgesamt vier Nationalparks ist die dünn besiedelte Wojewodschaft im äußersten Nordosten Polens eines der schönsten Naturparadiese des Landes. Aber das ist nicht alles: Das Dreiländereck Polen, Litauen und Weißrussland ist eine der multikulturellen Regionen Polens mit einer interessanten Geschichte. Und von den nur 1,2 Millionen Einwohnern wohnen rund 300.000 Menschen in der Landeshauptstadt Białystok. Damit ist die Stadt eine der größten Städte in Polens Osten.

Landschaftlich ist Podlachien im Norden von eiszeitlichen Hügellandschaften und den Ausläufern der masurischen Seenplatte geprägt. Die zentral gelegenen weiten Flussgebiete werden im Südosten von einer der letzten zusammenhängenden Urwaldregionen Europas abgelöst.

So ist diese vielseitige Wojewodschaft sowohl für kultur- und geschichtsinteressierte Reisende als auch für Naturliebhaber ein interessantes Reiseziel. Ich nehme Sie heute mit zu fünf der weniger bekannten Attraktionen für Busreisende. Diese liegen alle außerhalb von Białystok, das sich mit seinen vielen Sehenswürdigkeiten zusätzlich gut als Reiseort eignet.

Suwałki und das Wigry-Kloster

Die Suwalszczyzna ist eine hügelige Seenlandschaft, deren Zentrum die 70.000-Einwohnerstadt Suwałki ist. Damit ist Suwałki auch schon die zweitgrößte Stadt der Wojewodschaft Podlachien.

Zu sehen ist das Wigry-Kloster in der Nähe von Suwałki, Bild: Krzysztof Mierzejewski
Suwałki, Wigry-Kloster, Bild: Krzysztof Mierzejewski

Ursprünglich vom baltischen Stamm der Sudauer besiedelt, wurde die nördliche Suwalszczyzna vom Ordensstaat erobert und später Ostpreußen zugeordnet. Der Südteil wurde von Polen und Litauen erobert. Später einigte man sich auf eine Grenzziehung, bei der die Suwalszczyzna als Region Podolien zu Litauen gehörte. Diese wechselvolle Geschichte hat viele Eindrücke in der Region hinterlassen.

In Bezug auf seine Hauptstadt war Suwałki bis zur 3. Teilung Polens 1795 Teil von Polen-Litauen, ging dann an Preußen über und kam 1807 zum Herzogtum Warschau. 1815 wurde das Herzogtum dem Zarenreich zugeschlagen.

Das Zentrum von Suwałki stammt aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts und ist klassizistisch geprägt. Der für die Region typische große Marktplatz dominiert das 1844 erbaute Rathaus.

Am dem Rathaus gegenüberliegenden Ende des Marktplatzes steht als Kontrapunkt der sehenswerte Alexanderdom (Kościół Świętego Aleksandra). Er wurde 1820-1829 nach Plänen des polnischen Architekten Christian Aigner als Bischofssitz erbaut.

Nur 15 Jahre nach der Fertigstellung wurde das Gotteshaus nach Plänen von Enrico Marconi umgestaltet. Damals erhielt es die heutige Front mit den beiden schlanken Türmen.

Ebenfalls am Marktplatz steht die von Enrico Marconi 1838-1849 ursprünglich für die orthodoxe Stadtgemeinde erbaute Herz-Jesu-Kirche (Kościół Najświętszego Serca Jezusa). Die Kirche ist heute ein katholisches Gotteshaus.

Mein Tipp: Nicht versäumen sollte Sie es, Ihren Busreisenden eine Ausflug in den Wigierski-Nationalpark zu ermöglichen. In diesen ist der stadtnahe Wigry-See eingebettet. Den See durchfließt die Czarna Hańcza, einer der romantischsten Flüsse Polens. Naturliebhaber unter Ihren Reisenden werden die Möglichkeit zu einer Paddeltour zu schätzen wissen.

Mitten im See befindet sich malerisch auf einer Insel gelegen ein Kamaldulenser-Kloster. Es gilt mit seinen 17 Einsiedeleien, dem Refektorium, dem Uhrenturm, der Pförtnerloge, Gästehäusern und dem sogenannten Königshaus als schönste barocke Klosteranlage in Nordpolen. Absolutes Highlight des Ensembles ist die 1694-1745 nach Plänen des italienischen Architekten Pietro Putini erbaute Klosterkirche. Sie erlangte durch den Besuch des polnischen Papstes Johannes Paul II. Bekanntheit.

Exotik ins Polens fernem Osten – Die Tatarendörfer

Muslime in Polen? Und sogar Moscheen? Ja, das gibt es. Es gibt sie sogar als anerkannte Minderheit der Tartaren. So liegt ein Hauch von Exotik über den beiden kleinen Dörfern Bohoniki und Kruszyniany. Hierhin führt eine Tatarenroute. Sie zeichnet von Białystok ausgehend die Spuren von Polens Muslimen zu den beiden Dörfern nach, die das traditionelle Zentrum der tatarischen Kultur bilden.

Zu sehen ist die Moschee in Kruszyniany, Bild: Krzysztof Kundzicz
Kruszyniany, Moschee, Bild: Krzysztof Kundzicz

Die ersten Vorfahren der heute hier lebenden Tataren kamen bereits im 14. Jahrhundert hierher. Sie flüchteten damals vor den Kriegen in ihrer Heimat. Sie mussten sich verpflichten, Militärdienst zu leisten und bekamen als Gegenleistung Land, auf dem sie siedeln durften. Sie hatten die Rechte zu ehelichen, wen sie wollen, die Kinder als Muslime zu erziehen, Moscheen zu bauen und sie waren steuerbefreit.

Schon an der Wende zum 17. Jahrhundert sprachen die Tataren auch unter sich nur noch polnisch oder weißrussisch. Sie assimilierten sich weitgehend, nur die Religion behielten sie bei. Der polnische König Johann III. Sobieski schenkte den Tataren im 17. Jahrhundert weitere Gebiete in Podlachien und im heutigen Weißrussland den Kreis Hrodna. Am Anfang des 20. Jahrhunderts besaßen die polnischen Tataren 19 islamische Gemeinden mit Moscheen und muslimischen Friedhöfen.

Die Vorfahren der heutigen Bewohner leben seit dem 17. Jahrhundert in Bohoniki und Kruszyniany. Beide Dörfer haben als besondere Sehenswürdigkeiten Moscheen, die mit ihrer Holzfassade äußerlich dem Stil orthodoxer Landkirchen angepasst sind. Die kleinen Doppeltürme mit den Zwiebeldächern unterstreichen diesen Eindruck.

Im Inneren befinden kunstvolle kalligraphisch verzierte Koransuren an den Wänden. Die Mihrab (Gebetsnische) ist wie in jeder Moschee nach Mekka ausgerichtet. An der 1829 erbauten Moschee von Kruszyniany findet man noch die für Männer und Frauen getrennten Eingänge und Gebetsräume.

Nahe der Moschee befindet sich der größte muslimische Friedhof Polens. Mein Tipp: Lassen Sie Ihre Reisegäste die traditionelle Küche der Tataren im Gasthof „Tatarska Jurta“ in Kruszyniany probieren.

Sejny und die multikulturelle Vergangenheit

Die Kleinstadt Sejny liegt rund 30 Kilometer von Suwałki entfernt im Nordosten der Wojewodschaft. Von der Stadt ist es ein Katzensprung zur Grenze zu Litauen. Sie ist bis heute eine Hochburg der litauischen Minderheit in Polen. Damit steht sie für die multikulturelle polnisch-jüdisch-litauische Vergangenheit der Grenzregion.

Zu sehen ist die Basilika in Sejny, Bild: Stanislaw-Ludwinski
Sejny, Basilika, Bild: Stanislaw-Ludwinski

Besonders in den Gotteshäusern wird der kulturelle Reichtum der Region sichtbar. Das Stadtbild ist geprägt von einem der bedeutendsten Renaissancekomplexe in Nordostpolen. Es handelt sich dabei um das Ensemble des Dominikanerklosters aus dem 17. Jahrhundert.

Die Kirche der Heimsuchung Marias (Kościół Nawiedzenia Najświętszej Maryi Pannej) wurde 1610-1619 im Spätrenaissancestil erbaut. 1710 wurde sie im Barockstil umgestaltet. Seit 1632 befindet sich in der dreischiffigen Basilika die Madonna von Sejny. Die Figur ist eine von nur noch drei erhaltenen Schreinmadonnen aus einer Danziger Werkstatt. Sie stammt aus dem 14. Jahrhundert. Zu besonderen Feiertagen werden die beiden Seitenflügel an der 1,60 Meter großen Muttergottes-Figur geöffnet.

Ebenfalls ein Zeugnis der kulturellen Vielfalt ist die Weiße Synagoge in der Piłsudski-Straße. Sie bekundet zugleich das reiche jüdische Leben von Sejny. Mit ihren neogotischen und neoklassizistischen Fassadendetails ist sie zudem schön anzusehen.

Sie wurde 1865 an Stelle einer hölzernen Synagoge erbaut. Die Synagoge überstand den Holocaust, während die Inneneinrichtung von den Deutschen zerstört wurde. Die jüdische Gemeinde von Sejny wurde in der Shoa fast vollständig ausgelöscht. Seit 1991 bildet die Synagoge mit der benachbarten Jeschiwa ein Kulturzentrum der „Stiftung Grenzland“ (Fundacja Pogranicze) und wird für Veranstaltungen genutzt.

Hajnówka – Wo Osteuropa beginnt

Als die Mauer 1989 gefallen war, begann man bald auch Europa anders aufzuteilen. Die politischen Teilung Europas in Ost- und Mitteleuropa lag in den Nachkriegsjahrzehnten an der Elbe. Diese Abgrenzung entfiel nun und man kehrte wieder zu der alten, kulturell bedingten Grenze zurück. Nun verlief die Grenze zwischen Mittel- und Osteuropa wieder dort, wo die römisch-katholische Prägung aufhörte und die orthodoxe Prägung begann.

Das am Westrand der Puszcza Białowieska gelegene Hajnówka bildet solch einen Begegnungspunkt von römisch-katholischer und orthodoxer Kultur. Hajnówka ist eine Kreisstadt mit 22.000 Einwohnern. Einst war sie wirtschaftlich gesehen ein Zentrum der Forstwirtschaft. Heute ist Hajnówka vor allem ein Startpunkt für die Besucher des Białowieża-Nationalparks.

Kulturell gesehen ist das zweisprachige Städtchen bis heute ein typischer Grenzlandort. Hier hat sich ein Zentrum der weißrussischen Minderheit in Polen gebildet. So ist die ständige Ausstellung im Muzeum Zabytków Kultury Białoruskiej (Museum der weißrussischen Kulturdenkmäler) hauptsächlich der ländlichen Kultur der weißrussischen Bevölkerung gewidmet.

Zu sehen ist ein See mit Bahngleisen in Hajnowka, Bild: Franczesko-Genelli
Hajnowka, See mit Bahngleisen, Bild: Franczesko-Genelli

Eines der bedeutendsten Bauwerke ist die Kirche der heiligen Dreifaltigkeit. Dieses polnisch-orthodoxe Gotteshaus wurde 1981–1983 nach einem Entwurf des Posener Architekten Aleksander Grigorowicz erbaut.

Mein Tipp: wenn Sie einen Besuch des Białowieża—Nationalparks planen, sollten Sie Ihren Busreisegästen auch Hajnówka zeigen.

Das Urwaldparadies Białowieski-Nationalpark

Eine der urwüchsigsten Landschaften unseres Kontinents liegt im Südosten von Podlachien. Dort gibt es einen der letzten Urwälder Europas im Białowieski-Nationalpark. Zugleich ist dieser Park das älteste Naturschutzgebiet Polens. Er beheimatet die größte freilebende Wisent-Herde Polens.

Zu sehen ist der Urwald nahe Białowieża, Bild: J0ck3j
Białowieża, Urwald, Bild: J0ck3j

Neben Hajnówka ist das unweit der weißrussischen Grenze gelegene 3.000-Einwohnerdorf Białowieża ein guter Startpunkt für eine Parkbesichtigung. In diesem Urwalddorf befindet sich auch die Verwaltung des Nationalparks. Im 17. Jahrhundert wurde der Ort wurde als Vorwerk zum Jagdhof des litauischen Großfürsten gegründet.

Der Urwald wurde eine der Jagddomänen der russischen Zaren. Um das imperiale Jagdschloss herum wurde Ende des 19. Jahrhunderts ein 50 Hektar großer Park angelegt. Einige historische Bauten des Palastparkensembles haben die beiden Weltkriege überstanden. Der Zarenpalast selbst wurde 1944 von deutschen Truppen vor dem Rückzug gesprengt. An seiner Stelle steht heute das Nationalpark-Informationszentrum mit dem naturkundlichen Museum.

Die 1895 erbaute orthodoxe St. Michaels-Kirche (Cerkiew Świętego Michała Cudotwórca) ist ebenfalls erhalten. Sie steht vor den Toren des Palastparkes. Im Inneren des roten Backsteingebäudes kann die einzige Ikonostase aus chinesischem Porzellan Polens bewundert werden.

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